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Datum: 11.03.2022

„Man sieht die Bäume mit anderen Augen“

Klaus Schenja, Bürgermeister von Rodenbach

Klaus Schejna drückt seit Jahresbeginn wieder die Schulbank: Der Rodenbacher Bürgermeister nimmt an der Fortbildung »Zertifizierter Landschaftsobstbauer« des Regionalverbands teil. Wir fragten den 53-Jährigen, wie er das erste Unterrichtsmodul erlebt hat und warum er den Streuobstschnitt zum „Chefthema“ gemacht hat.

Herr Schejna, an welchem Ort treffen wir Sie heute zum Interview an?

Schejna: Ich bin gerade auf einer von vier Hochzeitswiesen in Rodenbach. Hier können Hochzeitspaare einen Streuobstbaum pflanzen, die Gemeinde lädt die Paare jeden Herbst zu einem gemeinsamen Pflanztermin ein. Die Idee zu den Hochzeitswiesen entstand im Jahr 2004, als ich selbst geheiratet habe und seit zwei Jahren im Bürgermeister-Amt war. Wir wollten etwas für die ökologische Vielfalt und Landschaft in der Gemeinde tun.

Erinnern Sie sich, was Sie beim vergangenen Unterrichtsmodul des Kurses „Zertifizierter Landschaftsobstbauer“ gelernt haben?

Schejna: Natürlich, das waren zwei intensive Tage Theorie pur mit Gärtnermeister Josef Weimer. Er hat uns im Kurs unglaublich viel über geschichtliche Ursprünge von Obstbäumen, den Aufbau der Bäume sowie Kern- und Steinobst erzählt, und warum man Bäume überhaupt pflegt. Mit seiner Art hat Herr Weimer den Kurs wirklich begeistert! Nach dem Unterricht bin ich auf meine private Streuobstwiese gefahren, die mir mein Vater vor einigen Jahren vererbt hat. Da sieht man die Bäume gleich mit ganz anderen Augen.

Als Rathaus-Chef ist man vielbeschäftigt. Warum haben Sie sich trotzdem für eine Jahresfortbildung zum Thema „Streuobstschnitt“ entschieden?

Schejna: Ich beschäftige mich schon länger mit dem Thema Streuobst, als Bürgermeister, als Vorsitzender des Landschaftspflegeverbandes Main-Kinzig-Kreis e.V. und auch als Privatmann. Ich war auf der Suche nach einem guten Ausgleich zum Bürgermeister-Job. Diese Fortbildung wollte ich schon länger machen, und die Zeit habe ich mir jetzt genommen.

Waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rathaus überrascht, dass ihr Chef eine Fortbildung zu Streuobst absolviert?

Schejna: Das hat im Rathaus, glaube ich, niemanden überrascht. Normalerweise ist man als Bürgermeister eher in Führungsseminaren. Aber wir haben hier in Rodenbach nun mal viele Apfelbäume, und ich hatte Lust, viel über das Thema zu lernen und selbst praktisch etwas zu tun.

Planen Sie gerade besondere Projekte in Sachen Streuobst?

Schejna: Wir verfolgen das Thema gerade in einer kleinen Arbeitsgruppe mit dem Landschaftspflegeverband und dem Main-Kinzig-Kreis. Es geht darum, das Streuobst, die Kulturlandschaft und den Apfel an sich wieder mehr in den Fokus zu rücken. Eine Besonderheit hier in Rodenbach sind Streuobstprodukte wie der Apfelsaft „Goldmarie“ und unser Apfelsecco, der seinesgleichen sucht. Es gibt in unserer Gemeinde auch ein spezielles Umweltfest und einen engagierten Streuobst-Arbeitskreis, in dem sich gut Erfahrungen austauschen lassen.

Haben Sie als Rodenbacher Bürgermeister einen besonderen Wunsch in Sachen Streuobst?

Schejna: Ich würde mich sehr freuen, wenn wir es in unserer Gemeinde schaffen, ungepflegte Grundstücke wieder einer Nutzung zuführen. Ich glaube, es gibt genug junge Familien, die bereit wären, so ein Grundstück zu hegen und zu pflegen, bevor die Flächen noch weiterverkrauten oder die Bäume kaputt gehen.

Das Interview führte René de Ridder, Regionalverband FrankfurtRheinMain

Weitere Infos:

Seit 2019 bietet der Regionalverband FrankfurtRheinMain die Jahresfortbildung »Zertifizierter Landschaftsobstbauer« an. Damit unterstützt der Verband seine Mitgliedskommunen bei Pflege und Erhalt ihrer Streuobstwiesen, indem kommunale Beschäftigte zu Expertinnen und Experten in der fachgerechten Pflege von Landschaftsobstbäumen werden.

Bei dem Zertifikatskurs handelt es sich um eine Zusammenarbeit zwischen Landschaftsobstbauer Josef Weimer, MainÄppelHaus Frankfurt und Regionalverband.

Weitere Infos zur Fortbildung unter Streuobst (www.streuobst-frm.de) sowie beim Streuobstbeauftragten des Regionalverbandes Bastian Sauer unter sauer@region-frankfurt.de