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Datum: 25.06.2021

Rätselhafte Pyramiden und Barbarossas Steuergeschenke

Regionalverband erweitert Kulturlandschaftskataster

Sie sehen aus wie kleine Beton­pyramiden ohne Spitze. Die rätselhaften, moosbewachsenen Bauten im Limeshainer Wald dienten wahr­scheinlich im Zweiten Weltkrieg als Fundamente für längst verschwundene Funkmasten oder Flak­stellungen, in Zusammen­hang mit dem nahe gelegenen Wehr­machts­flugplatz Altenstadt. Sie gehören zu den neuesten Zugängen des Kultur­landschafts­katasters des Regionalverbandes, das Kultur­­denkmäler wie Boden- und Bau­denkmäler und - nicht denkmal­geschützte - kultur­historische Land­schafts­elemente (KHLE) erfasst. Von letzteren gibt es in der Online-Karten­anwendung rund 1.800, dazu sind den vergangenen Monaten noch 232 dazugekommen. Einige davon, wie zum Beispiel die genannten Beton­fundamente, stammen aus der neu hinzu­gekommenen Verbands­kommune Limeshain in der Wetterau.

Die Neu­zugänge bei den Landschafts­elementen sind vor allem den Hinweisen engagierter Ehren­amtlicher zu verdanken. Rouven Kötter (SPD), Erster Beigeordneter des Regionalverbandes FrankfurtRheinMain, weiß die Unter­stützung zu schätzen: „Zur Erfassung der historischen Kultur­landschaft sind Heimat­forscherinnen und -forscher sowie Geschichts­vereine eine enorm wichtige Quelle. Ohne sie wäre das Kultur­landschafts­­kataster nicht das, was es ist“, sagt er.

Für die Gemeinde Limeshain ist es das erste Mal, dass die historische Kultur­­land­schaft kartiert wird. 56 Kultur­historische Landschafts­­elemente hat der Verband in Limeshain identifiziert und in das Kataster aufgenommen, die meisten davon sind Grenzsteine. Es gibt aber auch einen Hohlweg, Hügelgräber, Grenzbaum und -graben, Ackerterrassen, einen Hutebaum und anderes. Am Rand der Altstadt des Limeshainer Ortsteils Rommelhausen liegt der „Barbarossa­brunnen“. Um ihn rankt sich die Sage, dass Kaiser Friedrich Barbarossa von der armen Bevölkerung Wasser aus dem Brunnen angeboten bekam und ihnen deswegen die Steuern erließ.

Einen ganz anderen Einblick in die historische Kultur­landschaft bietet Friedrichsdorf weiter westlich im Verbandsgebiet. Rund um den Dillinger Hof sind heute noch die Spuren landwirt­schaftlicher Nutzung zu entdecken. Der Hof entstand nach dem Dreißig­jährigen Krieg und die Flächen um ihn herum dienten als Äcker. Die damaligen bäuerliche Bevölkerung nutzte wohl einen Pflug, der sich nicht wenden ließ, was bis ins 18. Jahrhundert hinein üblich war. Dieser warf die Erde nur in eine Richtung, so dass im Laufe der Zeit Wölbungen entstanden, die heute noch im Gelände nördlich des Hofes zu erkennen sind. Auf diesen „Wölbäckern“ sind heute Streuobst­wiesen zu finden.

Das Kultur­landschafts­kataster wird auch in Zukunft stetig wachsen. So sollen auch die Daten von den vier weiteren Wetterauer Kommunen, die dieses Jahr dem Regionalverband beigetreten sind, hinzukommen. Es handelt sich um Echzell, Glauburg, Nidda und Ranstadt. Weitere Informationen zum Thema historische Kulturlandschaft sowie den Link zum Kultur­landschafts­kataster finden Sie unter www.kulturlandschaft-frm.de.

Hintergrund Kultur­landschafts­kataster
Das Kultur­landschaftskataster gibt es bereits seit 2006 und wird von den Mitglieds­kommunen des Verbands, von Planungsbüros, Vereinen und interessierten Bürgern genutzt. Gut 27.000 Elemente enthält die Online-Kartenanwendung. Ein besonderes Augenmerk legt der Regionalverband auf Kulturhistorische Landschaftselemente, die in anderen Katastern selten vorkommen und insgesamt weniger Aufmerk­samkeit erhalten, weil sie nicht denkmal­geschützt sind. Es sind Spuren, die der Mensch hinterlässt, sobald er die Landschaft zu seinen Zwecken nutzt. Sie verleihen dem Raum seine Eigenart und Besonderheit und geben Auskunft über das Alltags­leben früherer Generationen.


Ein technisches Schmankerl des Katasters ist die Möglichkeit, historische Karten einzublenden: Zum Beispiel topographische Karten ab 1876, Luftbilder von 1935 oder auch die „Historische Karte der Rhein-Main-Region“, die der Verband selbst entwickelt hat.

Auch der Regionalverband selbst nutzt all diese Daten als Grundlage für seine Arbeit, zum Beispiel für die Landschafts­planung, im Regionalen Flächen­nutzungs­plan oder in der Strategischen Umwelt­prüfung. Ziel ist es, alle wertvollen Elemente in der Planung zu berücksichtigen, wenn zum Beispiel Straßen gebaut oder Baugebiete ausgewiesen werden. Ein weiteres Ziel ist es, bei der Bevölkerung ein Bewusstsein für das kulturelle Erbe zu wecken und so die Spuren unserer Vorfahren zu schützen und die Identität mit der Heimat zu erhöhen.