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Datum: 30.09.2024

So meistern Streuobstfreunde den Klimawandel

Von links: Andreas Brömser (Agrarmeteorologe, Deutscher Wetterdienst Offenbach); Mascha Werth (Projektmitarbeiterin und stellvertretende Geschäftsleiterin, LPV Main-Kinzig-Kreis); Matthias Metzger (Geschäftsführer, Landschaftspflegeverband Main-Kinzig-Kreis); Michael Specht (Geschäftsführer, Schlaraffenburger gGmbH); Rouven Kötter (Erster Beigeordneter, Regionalverband); Bastian Sauer (Streuobstbeauftragter Regionalverband).

Streuobstwiesen prägen die Region FrankfurtRheinMain. Doch inzwischen sind die Folgen von Klimaveränderungen in den Streuobstwiesen spürbar. Neben Trockenheit und Dürren setzen den Obstbäumen auch immer häufiger Starkregen, Hagel oder Spätfröste zu. Was macht der Klimawandel mit dieser Kulturlandschaft, und wie können wir darauf reagieren?

Der Regionalverband FrankfurtRheinMain hat am Montag, 23. September, zum 5. Mal zahlreiche Streuobst-Aktive zu einem Netzwerktreffen zusammengebracht. Im Frankfurter Haus der Region trafen sich gut 100 Menschen, um drängende Fragen rund um den Erhalt der Streuobstwiesen anzugehen.

Rouven Kötter (SPD), Erster Beigeordneter des Regionalverbands, hob anlässlich der Veranstaltung die Bedeutung solcher Netzwerktreffen hervor: „Streuobstwiesen existieren nicht einfach so. Sie benötigen Menschen mit Know-how, die sich intensiv um sie kümmern. Das ist bei den Herausforderungen durch den Klimawandel umso wichtiger. Wir bringen beim Regionalverband die richtigen Leute ins Gespräch. Und das findet immer mehr Anklang“, sagte er. Bei seiner Begrüßungsrede zeigte sich Kötter als Praktiker in der Kelterkunst. Er habe daheim die Apfelernte bereits eingefahren und im Keller lagerten 200 Liter Most. „Es blubbert schon ein bisschen, das wird später feinster Wetterauer Ebbelwoi“, schwärmte er.

In den einzelnen Vorträgen des Netzwerktreffens zeigte sich die ganze Bandbreite des Themas Klimawandel und die möglichen Reaktionen darauf. Ein Fachmann fürs Wetter ist der Agrarmeteorologe Andreas Brömser vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach. Er erklärte, dass die steigenden Temperaturen häufigeren Hitzestress bei Obstbäumen und vermehrte Sonnenbrandschäden an den Früchten bewirkten. Durch die höheren Temperaturen verfrühe sich die Blüte deutlich, womit sich das Risiko für Frostschäden bei Kälterückfällen im Frühling erhöhe. Erst im vergangenen April hätten Spätfröste wieder massive Schäden verursacht.

Der Agrarmeteorologe stellte fest: „Mit der Klimaerwärmung nimmt auch die Verdunstung zu, so dass es trotz etwa gleichbleibender Regenmengen immer häufiger zu starker Trockenheit kommt.“ Außerdem würden vermehrte Starkniederschläge, die nur zu einem geringen Teil in die Böden eindringen, zum bereits in den vergangenen Jahrzehnten beobachteten Absinken der mittleren Bodenfeuchte beitragen.

Konkrete, praxiserprobte Lösungsansätze zur Pflanzung, Pflege und dem Erhalt von Streuobstbäumen im Klimawandel gab es von Michael Specht, Geschäftsführer der Schlaraffenburger gGmbH, einem Biolandwirtschaftsbetrieb in Aschaffenburg. „Wir müssen stark reagieren, etwa durch Pflege und Kulturmaßnahmen“, sagte er. Er stellte effiziente und praktikable Mittel vor und nannte die zentralen Stichworte Bodenpflege und Wässern. Wichtig sei es, dass die Böden möglichst lange das Wasser speichern könnten. Bei Jungbäumen empfahl Specht den Einsatz von Kompost und Holzhäcksel auf den Baumscheiben und gab viele weitere praktische Tipps. Als Herausforderungen nannte der Referent die Mistelbekämpfung bei Altbäumen und neue Schadorganismen, die durch den Klimawandel begünstigt würden.

Matthias Metzger und Mascha Werth vom Landschaftspflegeverband Main-Kinzig-Kreis (LPV)stellten die großflächigen Sanierungsarbeiten der Streuobstwiesen in Maintal näher vor. Ausgangspunkt war der Verlust vieler Altbäume und die Verbuschung in einem der größten zusammenhängenden Streuobstbereiche Hessens. Werth berichtete als Projektmitarbeiterin und stellvertretende Geschäftsführerin, wie ihr Team aufwendig ein Konzept entwickelte und Geländedaten sammelte. Mit Unterstützung der Stadt Maintal nahm man zu den Grundstückseigentümern Kontakt auf, wobei nur gut ein Viertel den Maßnahmen zustimmte. Letztendlich waren es gut 205 Nachpflanzungen und 500 Sanierungsschnitte an hochstämmigen Obstbäumen, die Fachunternehmen durchführten. Hinzu kommen weitangelegte Entbuschungen.

LPV-Geschäftsführer Matthias Metzger sprach am Rande der Veranstaltung von einer „Herkulesaufgabe“, die Streuobstwiesen im Rhein-Main-Gebiet zu bewahren, gerade auch angesichts der klimatischen Veränderungen.

Der Regionale Streuobstbeauftragte Bastian Sauer stellte in seinem Vortrag die Aktivitäten des Regionalverbands vor. Darunter waren zum Beispiel die Teilnahme an der CiderWorld-Messe, der Schnittkurs für Kommunen, die Herausgabe des Magazins „Apfelbote“ und die Wahl der Streuobstkommunen 2024 Eschborn, Mainhausen und Nidda.

Erfreut über das große Interesse am Vernetzungstreffen sagte Sauer: „Wir sind uns bewusst, dass der Termin mitten in der Erntezeit nicht ideal ist, aber die fast 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sprechen für sich. Das zeigt uns, wie wichtig das Thema Streuobst und der Austausch untereinander für unsere Region sind und dass wir mit unserer Arbeit auf dem richtigen Weg sind!“

Weitere Infos

  • Streuobstwiesen sind Wiesen und Weiden mit großen Obstbäumen, die naturverträglich und ohne Pflanzenschutzmittel bewirtschaftet werden. Sie zeichnen sich durch ihre große Artenvielfalt aus und sind von hohem ökologischem Wert.
  • Großflächige, zusammenhängende Streuobstwiesen sind in der Region allerdings immer seltener zu finden. Daher unterstützt der Regionalverband seine Mitgliedskommunen dabei, die noch vorhandenen Bestände zu erhalten. Mit Fachwissen, kreativen Ideen, Engagement und einer besseren Vernetzung sollen unsere Streuobstwiesen nachhaltig geschützt werden.