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Datum: 27.06.2024

Von Kopfbäumen, Wiesenwegen und Hutebäumen in und um Ranstadt

Die Ruten der Kopfweiden dienten früher als Rohstoff für die Korbherstellung.

Was sind das für wuschelköpfige Bäume, die in der Gemeinde Ranstadt zwischen dem Laisbach und der Nidda wie aufgereiht stehen? So­genan­nte Kopfweiden sind nicht nur lustig anzusehen, sie lassen schon von weitem den Verlauf von Flüssen und Bächen erkennen. Denn dort gedeihen sie besonders prächtig. Nun sind diese und viele weitere Kultur­historische Land­schafts­elemente (KHLE) aus Ranstadt ins Kultur­landschafts­kataster des Regional­verbandes Frankfurt­RheinMain eingepflegt worden. In der Online-Anwendung gibt es Infos zu den Standorten und zur Geschichte der KHLE wie etwa über die bereits erwähnten Weiden:

Kopfweiden waren lange Zeit von wirtschaftlicher Bedeutung, sie waren der Rohstoff, aus dem Körbe entstanden. Bis in die 1950er Jahre gab es noch das Handwerk der Korbflechterei in der Region. Plastiktüten und Transport­behälter aus Kunststoff machten diesem Handwerk weitgehend den Garaus.

Die meisten Korbmacher übten die Tätigkeit im Nebenberuf aus, vornehmlich in den Wintermonaten. Einfache Körbe wurden von den vielen bäuer­lichen Haushalten selbst gefertigt. Die Produktion für den Verkauf setzte erst spät ein. Aus ganzen, ungeschälten Weidenästen entstanden „Grünkorbarbeiten“, während die Äste für die feinere „Weißkorb­flechterei“ geschält wurden. Zu den Weißarbeiten zählten unter anderem Wäsche-, Brot-, Einkaufs- und Henkelkörbe. Grünkörbe wiederum wurden insbesondere zum Transport und im Handwerk benötigt.

Um die Weidenäste verarbeiten zu können, mussten sie regelmäßig auf den Stock gesetzt, also geschnitten werden. Dadurch entstand die eigentümliche Form, der „Kopf“. Zum Schneiden der Ruten benutzte man ein sichelförmiges Messer, die „Hippe“. Ein Weidenstock ergab 10 bis15 Ruten.

Auch andere Bäume hatten früher eine wichtige Bedeutung und sind heute noch in der Landschaft auszumachen: So trieben Bauern ihre Tiere, insbesondere Schweine, in sogenannte Hutewälder, damit sie Eicheln und Bucheckern fressen konnten. Hutebäume (von „hüten“) wurden explizit geschützt und konnten freistehend zu mächtigen Bäumen aufwachsen. Bis heute fallen sie im Wald durch ihre markante Wuchsform auf. Die rund 250 Jahre alten Traubeneichen zwischen Bellmuth und Wippenbach erinnern an diese historische Waldnutzung, die ab dem 19. Jahrhundert mit Beginn der geregelten Forstwirtschaft abgeschafft wurde. Vor Ort erinnern ein Kunstwerk sowie ein Informationsschild an die historische, ökologische und landschafts­bild­prägende Bedeutung der Hutebäume.

Das Wasserhaus am Ortsausgang von Bobenhausen I stammt aus dem Jahre 1907.

Eine kultur­historische Besonderheit im Wetteraukreis sind historische Wiesen­wege als tägliche Wege­verbindung, die heute zum Teil mit PKWs befahren werden. Interessanter­weise haben sie meist keine Namen, auch nicht auf den historischen Karten des 19. Jahrhunderts. Ein gutes Beispiel ist ein Wiesenweg, der zur evangelischen Kirche Ober-Mockstadt führt. Er bietet eine hervorragende Aussicht auf die historische Kultur­land­schaft der Gemeinde Ranstadt bis zum Natur­schutz­gebiet „Nachtweid von Dauernheim“. Links und rechts des Weges erstrecken sich Streuobst­wiesen unterschiedlichen Alters. Von Osten kommend mündet ein weiterer Wiesenweg.

Ein ganz anderes Kultur­historisches Land­schafts­element, das Eingang in das Kataster gefunden hat, ist ein Hochbehälter am Ortsaus­gang von Bobenhausen I, oberhalb des Basalt­steinbruchs. Er stammt aus dem Jahre 1907 und besitzt eine schmuckvolle Fassade aus rotem Sandstein. In Betrieb ist er schon lange nicht mehr. Im Inneren befinden sich zwei Wasserkammern, die einst zur Speicherung von Trinkwasser dienten. Hochbehälter stehen meist auf Hügeln, damit die Schwerkraft das Wasser in die Leitungen einspeisen kann. Sie haben oft zwei Kammern, damit bei Wartung einer Kammer die andere die Wasser­versorgung sichert.

Weitere Infos:

Der Regionalverband hat als erste Institution in Hessen damit begonnen, kulturhistorische Landschafts­elemente systematisch zu erfassen und darzustellen, damit diese wertvollen Zeitzeugnisse öffentlich bekannt gemacht und bei Vorhaben berücksichtigt werden. Dafür setzt sich die Abteilung Klima, Energie und Nachhaltigkeit seit vielen Jahren ein.

Vor wenigen Jahren sind die fünf Wetterauer Kommunen Echzell, Glauburg, Limeshain, Nidda und Ranstadt dem Regionalverband beigetreten. Inzwischen sind auch die Landschafts­elemente dieser Kommunen ins Kataster integriert.

Pressemitteilung zum Thema: https://www.region-frankfurt.de/index.php?object=tx,3255.5&ModID=7&FID=3255.1279.1

Hier geht es zum Kulturlandschaftskataster: www.kulturlandschaft-frm.de